Zwei Jahrhunderte in Kürze

(Die mit „...“ gekennzeichneten Abschnitte wurden - mit allen Fehlern - aus der alten Chronik in transkribierter Form übernommen.)

 

1800 (Chronikbeginn): „In diesem Jahre stand die Stadt unter der Regierung des Hochwürdigsten Bischofs Franz Egon zu Paderborn. Der 1te Bürgermeister erhielt jährlich ein Salarium von 15 Rth“

 

1806: „In diesem Jahre brach der Krieg zwischen Preußen und Frankreich aus. Großer Brand am Steinweg. Pastor und Haushälterin konnten sich gerade noch retten. Pastorath und Vogtenei Gebäude wurden eingeächert. „Auch brandten den Bürgermeister Jan Cons 5 sehr schöne Pferde, die schon aus den Stalle gerettet waren, auf der Straaßen auf. Viele Menschen wurden hierbey zwaren sehr beschädigt, aber niemand kam dabei zu Todt. Gesamtschaden rd. 110.000 Mk“.

 

1807: „An die wieder Erbauung der Eingeächerten Pastorath und Vogtenei Gebäude, war bei dieser Geld losen Zeit nicht zu denken, beide Geistliche wurden daher eingemiethet, so wie auch der Lehrer und die Lehrerin.“

 

1808: „Das Katolische Gebeth und Gesang-Buch von Joseph Tillman Pfarrer zu (…?...) wurde hier ohne Schwierigkeit eingeführt, wo es in einigen anderen Orten großen Lerm errechte, so z.B. in Borgholz wurde der Pfarrer deshalb wärent dem Gottesdienste insulvirt, die dahin geschickte Gendarmerie mit Bewafneten Hund fort geschlagen, so daß entlich, um die Ruhe wiederherzustellen ein Bataillons Lienien Trouppen von Cassel aus hingeschikt werden mußte.“

 

1810: Zum Schutz der Landwirtschaft verornete "Herr Land Rath von Petterey zu Höxter eine Sperlings Lieferung". Jede Oekonomie hatte 50 Stück zu liefern, jeder Vollmayer 12, jeder Halb Mayer 6 und jeder Hauß Eigenthümer 3 Stück. Vorschrift war, daß der Sperling noch ganz sein muß, und bloß die Köpfe nicht angenommen werden.“

 

1812: „Die hießige Stadt erlitt in diesem Jahre eine Totale Miß Ernte im Winterfelde. Nur die nahe gelegene Königs-Residenz Stadt Cassel verschaffte den hießigen Einwohner das benöthigte Geld, um ihre Abgaben und Steuern bezahlen zu können, dahin floß alles wegen der großen Population zur Fourage, Lebens Mittel aller Art, fettes und mageres Vieh aller Art selbst Gänße, Hühner, Enten, Tauben wurden dorten sehr theuer bezahlt, und von den hießigen Einwohneren und Auf Käuferen in Menge hingebracht.“

 

1820: „In diesem Jahre wurde ein neuer Straaßen Bau, Pflasterung der Hauptstraaßen und den drei Thuren Mühlen, Lehm, und Emmarckte Thore vorgenommen, nach dem das Alte Pflaster bestehent aus sehr dicken Basalt Blöcken, welches mehre 100 Jahre gelegen hatte, und sich der Ursprung dieses Basalts nicht mal mehr in der Tradition erhalten hatte, ganz unfahrbar und für das Fuhrwerk sowohl als für Reiter sehr gefährlich zu passiren geworden war.“

 

1825: Priestermangel. „…daß der Kaplan Weskamp gebürtig aus Riesel am 22 Jannaur verstorben ist, und die Kaplanei aus Mangel an jungen Geistlichen bis zu Ende des Jahres 1826 nicht wieder besetzt worden ist.“

 

1833: Abbruch der alten baufälligen Kirche und Beginn des Kirchenneubaus. Jede Familie leistete drei Tage fast jede Woche Handdienste. 1936 erfolgt die Einweihung: „Der Wirbel der Trommeln hiesiger Schützen Gesellschaft, und das Abfeuern der Böller, so wie das feierliche Geläute sämtlicher Glocken verkündeten Morgens 4 Uhr unserer Stadt das Dasein jenes freudigen Tages nachdem sie so lange verlangt hatte.“

 

1840: Tod Friedrich Wilhelm III, König von Preußen. Sein Testament ist in die Chronik eingeheftet.

 

1841: Rekordernte. „In diesem Jahre war die Ernte vorzüglich gut, bei den meisten Ackerwirthen faßten die Häußer nicht das geerntete Korn. Die ältesten Mennschen wußten es sich nicht zu erinnern daß unsere Stadt jemals von so vielen Korn Diemmen umgeben war. Die Kornpreiße waren zimlich hoch, und gelang es einigen Ackerwirthe sich aus der drückenden Last der Schulden heraus zu heben.“

 

1845: Ein 14jähriges Mädchen aus Lütgenender weist die fünf Wundmale Christi auf und löst damit riesige Pilgerströme aus: „Tausende von Menschen aus allen Ständen, aus naher und weiter Ferne strömten Scharenweise hin, und bewunderten diese Erscheinung.“ Erst nach umfangreichen Untersuchungen durch mehrere Ärzte kam man zu der Erkenntnis, „ daß die … sich die Mahle selbst angebracht habe.“ Immer wieder vernichtet auch in den folgenden Jahren die aus Frankreich eingeschleppte Kartoffelkrankheit die Ernten und sorgt für Hungersnöte.

 

1853: Borgentreich wird mit kirchlichem Segen entalkoholisiert: „In diesem Jahre wurde hier vom 12ten bis 23ten Februar die Mission durch den Herrn Missionar Hillebrand, den Pastor Thewes zu Dringenberg und den Franziskaner Patros Bonaventura abgehalten, welche einen glücklichen Erfolg hatte. Bei dieser Gelegenheit entsagten die meisten Einwohner den Brandtwein welches Getränke seit längeren Jahren so zur Genußzucht geworden, daß viel Unheil und Uebel daraus entstanden war. Als später die Enthaltsamskeitbruderschaft eingeführt wurde ließen sich über 700 Personen darin aufnehmen welche für ihr ganzes Leben den Brantowein gänzlich entsagten. Diese auf das Wohl der Menschen gegründete Handlung zeigt auf die Moralität schon den besten Erfolg, wovor die spätere Nachwelt den Segen ärnten wird.“

 

1856: Unwetter. „Am 14 August wurde die ganze Gegend von einem schrecklichen Hagelschauer heimgesucht. Es fielen unter Sturm Eisstücke bis zur Größe eines Hühnereis. Es wurden Fensterscheiben u. sämmtliche Früchte aufm Felde demolirt, auch Vögel und Hasen getötet. Die Ernte war total zerschlagen.“

 

1880: „Ist eine Straßenbeleuchtung errichtet und sind einstweilen 17 Laternen an den Hauptstraßenecken angebracht.“

 

1882: Der alte Judenfriedhof im „städtischen Hagen westlich nahe an der Stadt liegt, ist geschlossen und ein neuer nordöstlich von der Stadt, angelegt.“

 

1891: „Auf dem vom Armenhospitale angekauften Garten, am Steinwege belegen, ist ein Schulgebäude errichtet. Dasselbe kostet rund 37000 Mk. 36,771 M. 03 pf. Die Kosten für Schulbänke (1,70 Mk.) sind mit einbegriffen.“

 

1892: „Am 15. October 1892 ist das neue Schulgebäude in Benutzung übergeben. Das in den Jahren 1890 und 1891 neu gebaute Amtsgerichtsgefängniß nebst 2 Beamten-wohnungen ist am 12. Mai 1892 dem Justiz-Fiskus übergeben. Die Kosten des Baues incl. für Ankauf des Platzes betragen 46.263 M. 10 pf“

 

1893: Bau der Molkerei.

 

1900: Die Einwohnerzahl Borgentreichs beträgt nach der allgemeinen Volkszählung 1677. „Am 8. Juli wurde der 30jährige Sohn des Landwirts Johann Tönnies auf dem Schützenfeste in Lütgeneder bei einer Schlägerei derartig zugerichtet durch Schädelverletzung, daß er am 16. Juli starb. Der Täter aus Lütgeneder erhielt vom Schwurgericht Paderborn eine Strafe von 1 ½ Jahren Gefängnis. Am 31. Juli ging der Tagelöhner Ignatz Rindermann in einem Anfalle von Geistesstörung in den neben seinem Hause auf dem Altengraben befindlichen Brunnen und starb kurz nachdem man ihn noch lebend herausgezogen hatte.“

 

1904: Erste Volkshochschule. „Mit dem 1. Dezember 1904 wurde hier eine ländliche Fortbildungsschule eingerichtet. Der Unterricht findet an drei Abenden in der Woche statt und steht unter Leitung des Hauptlehrers Fiorentini.“

 

1907: „Von großer Bedeutung war für die hiesige Gegend in diesem Jahre die Abhaltung des Kaisermanövers, dessen Schluß gerade in den Kreis Warburg fiel, so daß in der ersten Hälfte des September hier so viel Militär zusammen war, wie hier noch nicht gesehen. An einem der ersten Tage im September kam Ihre Majestät Kaiser Wilhelm II im Automobil durch Borgentreich, vom Volke freudig mit Hurrarufen begrüßt. Auf den Feldern wurde viel Schaden durch die Truppen angerichtet, welcher aber zur vollen Zufriedenheit der Eigentümer nachher abgeschätzt und vom Staate bezahlt worden ist.“

 

1908: Geburtsstundes des ÖPNV. „Mit dem 1. Juli d. Js. wurde eine regelmäßige Omnibusverbindung für den Personen- u. Postverkehr zwischen hier und Bahnhof Eissen eingerichtet. Diese Einrichtung wird sehr viel benutzt, so daß auch der Unternehmer gut dabei auskommt. Für die Stadt bedeutet diese Einrichtung immerhin ein Fortschritt auf dem Gebiete des Verkehrswesens, wenngleich der Anschluß an das Eisenbahnnetz auch weiterhin noch erstrebt werden muß.“

 

1910: Beginn der „Massentierhaltung“. „Die Rindvieh- und Schweinezucht wird in stets wachsendem Umfange betrieben; eine Folge der guten Viehpreise. Es macht sich daher auch eine rege Tätigkeit in der Erneuerung und Vergrößerung der bisher sehr unzureichenden Stallbauten bemerkbar.“

 

1912: Die Stadt leuchtet auf. „Nachdem im vorigen Jahre der Ziegeleibesitzer Franz Stamm ein Elektrizitätswerk angelegt und die Versorgung der Stadt mit elektrischem Licht und elektrischer Kraft übernommen hat, wurde im September dieses Jahres auch die elektrische Straßenbeleuchtung in der Stadt eingeführt. Anstatt der früheren 28 Petroleumlampen, welche nur ein spärliches Licht auf den Straßen verbreiteten, brennen jetzt 44 elektrische Lampen, wodurch eine hinreichende, gute und billige Beleuchtung der Straßen erzielt worden ist.“

 

1914: Erster Weltkrieg. „Das Jahr 1914 stand im Zeichen des Krieges. Durch die Ermordung des österreichischen Tronfolgers und seiner Gemahlin in Serajewo durch einen serbischen Staatsangehörigen kam es Ende Juli zwischen Österreich-Ungarn und Serbien zur Kriegserklärung. Da gleichzeitig auch Rußland zum Kriege gegen Österreich rüstete, wurde auch das deutsche Heer infolge seines Bündnisses mit Österreich-Ungarn mobil gemacht. Am 2. August wurde vom deutschen Kaiser die Mobilmachung befohlen. Sämtliche Reservisten und Landwehrleute mußten zum Kriegsdienst eintreten. Aus unser Stadt wurden in diesem Jahre 100 Mann einberufen.“

Großbrand: „Am 30. Dezember in den frühen Morgenstunden von 6 – 7 Uhr wurde die Stadt bei herrschendem Sturmwind von einer schweren Feuersbrunst heimgesucht, indem nach Ausbruch des Feuers in dem Hause des Schuhmachermeisters Josef Muhs Bogenstraße noch weitere 11 Wohnhäuser mit Nebengebäuden dem Feuer zum Opfer fielen.“

 

1916: „Zu Anfang dieses Jahres waren insgesamt 245 Männer und Jünglinge zum Kriegsdienst eingezogen. Es fanden weitere Ersatz-Musterungen statt am 6. u. 7. März, am 31. August und 5. Oktober, wo immer wieder neue Mannschaften aus den bisher zurückgestellten Reklamanten, oder bisher nur für garnisondienstfähig oder arbeitsverwendungsfähig befunden ausgemustert und für den Kriegsdienst eingezogen wurden. Das Fehlen dieser besten Arbeitskräfte machte sich natürlich immer stärker fühlbar. Nicht selten sah man Frauen und Mädchen hinter dem Pflug und sonst schwere landwirtschaftliche Arbeiten verrichten. Aber alles war nur von dem einen Gedanken erfüllt, diese schwere Kriegszeit durchzuhalten und dem Vaterland zu dienen. Als Ersatz für die fehlenden Arbeitskräfte wurden überall die zahlreich vorhandenen feindlichen Kriegsgefangenen beschäftigt. Am 8. Februar wurden auch nach hier 48 Kriegsgefangene Franzosen, Engländer und Belgier aus dem Kriegsgefangenenlager in der Senne bei Paderborn überwiesen.“

 

1918: Kriegsbilanz. „Der Krieg war nun vorüber. Nicht weniger als 328 Männer und Jünglinge aus unserer Stadt haben daran teilgenommen, davon sind 56 den Heldentod gestorben, 17 waren in Gefangenschaft, 16 sind mit Verstümmelungen oder Beschädigungen in die Heimat zurückgekommen.“

 

1919: „Am 16. Februar fand im großen Saale des Gastwirts Götte die öffentliche Begrüßungsfeier der heimgekehrten Krieger statt, wobei die Krieger auf Kosten der Stadt mit 253 Ltr. Bier und 600 Stück Zigarren bewirtet wurden.“

Ausgebadet: „Die im Jahre 1911 auf dem unteren Masch erbaute Badeanstalt wurde in diesem Jahre wegen Mangel an genügendem und gutem Wasser wieder abgebrochen und das Material verkauft. Der Erlös brachte reichlich die Anlagekosten wieder auf.“

 

1920: „Am 1. April d. Js. wurde hier eine städtische höhere Knabenschule, eine sogenannte Rektoratschule mit 5 Klassen von Sexta bis U. Tertia eingerichtet. Der Unterricht wurde zunächst in den beiden Räumen der Freibank am Spritzenhause mit 29 Schülern, wovon 20 in Sexta und 9 schon durch Privatunterricht bei Herrn Kaplan Rehbaum vorgebildete Schüler in U. Tertia von 2 Lehrern unterrichtet wurden. Gleichzeitig wurde das sogenannte steinerne Haus, welches bisher als Getreidelager gedient hatte, zu Schulzwecken umgebaut und im Herbst die Rektoratschule hier untergebracht.“

 

1921: „Es wurde in diesem Jahre eine freiwillige Feuerwehr gegründet, der gleich 50 Männer und Jünglinge beitraten.“ Ihren ersten Brand musste sie am 13. Juni 1924 bekämpfen.

 

1922: Inflation. „Am Anfang des Jahres betrug z. B. der Stundenlohn eines hiesigen städtischen Arbeiters 6 M und am Ende des Jahres 100 M.“

„Im Sommer d. Js. ließ die Stadt ein eigenes Ortsnetz für die elektrische Stromversorgung seiner Einwohner durch die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft Berlin, Zweigstelle Cassel, mit einem Kostenaufwande von Fünfmillionen Mark anlegen und schloß sich an das Überlandwerk Edertalsperre in Cassel zum Strombezug an.“

 

1923: Einführung der Rentenmark.

 

1930: Die Stadt feiert ihr 650jähriges Bestehen.

 

1932: Auflösung des Amtsgerichts Borgentreich. „Dadurch ist die seit dem 16. Jahrhundert hier bestehende Gerichtsbarkeit mit einem Schlage verschwunden, trotzdem die Stadt in vielen Eingaben und Protesten an alle maßgebenden Stellen sich dagegen gewandt und die Erhaltung dieser Behörde angestrebt hat.“

 

1933: Politischer Umbruch. „Das Jahr 1933 stand politisch im Zeichen der nationalen Erhebung. Am 30. Januar berief der Herr Reichspräsident Generalfeldmarschall von Hindenburg den Führer der nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, Hitler, zum Reichskanzler des deutschen Reiches. Bei der dann am 5. März stattgefundenen Reichstagswahl erhielt die bisher stärkste Partei, die NSDAP die absolute Mehrheit im Reichstage. Damit war der alte Parteienstaat gefallen und an seine Stelle trat der Führerstaat, das dritte Reich. Nachdem auch bei den Kommunalwahlen am 12. März die kommunalen Körperschaften fast überall eine nationalsozialistische Mehrheit erhielten, wurde das Führerprinzip der NSDAP auch bei den Gemeindeverwaltungen durchgeführt. Die Deutsche Einigkeit, die vom Herrn Reichspräsidenten schon immer angestrebt wurde, ist nun endlich hergestellt und das ganze bisherige Parteiengezänk geschwunden.“

 

1935: Kommunalreform. „Nachdem bereits im Vorjahr eine Personal-Union zwischen der Stadt Borgentreich u. dem Amte Borgholz eingerichtet war, sind gemäß Verfügung des Herrn Regierungspräsidenten vom 11./9.35 die Verwaltungseinrichtungen von Stadt u. Amt in der Person des bis dahin ehrenamtlichen Stadtbürgermeisters Woker am 1.10.35 in das Rathaus der Stadt zusammengelegt worden. Durch diese Zusammenlegung wird eine Vereinfachung u. Verbilligung der Verwaltung erzielt.“

 

1937: „Am 15,/6. wurde mit dem Bau einer Badeanstalt auf dem Masch begonnen. Das Schwimmbecken wurde noch bis Herbst fertig.“ Am 7. Mai 1937 ist das deutsche Luftschiff "Hindenburg" in Amerika aus unbekannten Ursachen beim Landen verbrannt.

 

1938: „Die im Vorjahr begonnene Bau einer Schwimmbadeanstalt auf dem Masch wurde weiterausgebaut. Insbesondere wurden noch eine Reihe Umkleidezellen sowie 1 Raum für den Bademeister u. 2 Räume für die Schulkinder erichtet. Die Schwimmanstalt wurde dann bei Eintritt des Sommers, besonders von der Jugend, sehr stark besucht. Eine Anzahl Jugendlicher konnte bereits nach kurzer Zeit als Freischwimmer erklärt werden. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 16.000 RM.“

 

1939: „Am 15. Juli fand eine für die ganze Gemeinde erhebende Feier der Einweihung des Kriegerehrenmals auf dem Lehmberge statt. Die gesamte Bevölkerung hat sich an der Feier beteiligt. Die Anlagen des Ehrenmals werden besonders an Sonn- u. Feiertagen gern besucht, um der gefallenen Söhne der Gemeinde zu gedenken. Um die Anlage u. Ausschmückung des Ehrenmals hat sich der Bürgermeister Woker besonders verdient gemacht. Die Bevölkerung Borgentreich sowie spätere Generationen werden ihm dies nie vergessen.“

„Am 15./10. wurde hier im Saale Dohmann ein Gefangenenlager eingerichtet in dem 18 polnische Gefangene untergebracht wurden, um in landw. Betrieben zu arbeiten.“

 

1940: Wetterkapriolen. „Der Anfang des Jahres brachte viel Schnee u. Kälte. Es wurde 25 - 30 Grad Kälte gemessen. Fast alle Verkehrsstraßen waren infolge der starken Schneewehen nicht passierbar. Es wurden deshalb auf Grund des Reichsleistungsgesetzes alle Männer von 15 - 50 Jahren zum Schneeschüppen aufgefordert.“

 

1941: Kriegsrhetorik in der Ortschronik. „Am 22./6. trat Unsere Wehrmacht den Kampf gegen den Bolschewismus an, der Europa mit Invasion bedrohte indem die russischen Heere bereits an unserer Grenze aufmarschiert waren. Die Bolschewisten wurden in großen Kesselschlachten überall geschlagen u. hatten ungeheure Verluste an Menschen u. Material. Aus unserer Gemeinde fielen im Osten 4 junge Soldaten … Die Gemeinde gedenkt dieser Gefallenen in stolzer Trauer.“

 

Die Chronik der Jahre 1942/43 ist namentlich nicht gezeichnet. 1945 übernimmt die Lehrerin Elisabeth Falke das Amt der Chronistin. Sie schildert sehr ausführlich und eindringlich, aber auch mit vaterländischem Pathos die Kriegsgeschehnisse.

 

1943: „Aus den luftgefährdeten Gebieten, vorwiegend aus Essen, halten sich 444 Evakuierte in Borgentreich auf. Am Ende des Jahres 1943 waren aus Borgentreich 232 Mann zur Wehrmacht eingezogen. Im Jahre 1943 blieben auf dem Felde der Ehre 13 Soldaten aus Borgentreich. Unter Hinzurechnung der in den Jahren 1939, 1940, 1941 und 1942 vor dem Feinde gebliebenen beträgt die Zahl der Gefallenen in Borgentreich nunmehr 27. Die Anzahl der ausländischen Arbeiter in Borgentreich, einschließlich der 52 Serben des Kriegsgefangenenlagers im alten Herbold'schen Hause an der Mühlenstraße, beläuft sich Ende 1943 auf 142.

In der Nacht vom 22. auf den 23. Oktober 1943 wurde die Stadt Kassel von Hunderten von englischen Terrorfliegern heftig angegriffen; Kassel wurde fast ganz zerstört. Von Borgentreich aus konnten die Vorgänge am südöstlichen nächtlichen Himmel gut beobachtet werden. In der Bevölkerung hier herrschte große Unruhe und Furcht. In den Luftkämpfen wurden 43 feindliche Bomber von deutschen Nachtjägern und der Flakartillerie abgeschossen, von denen 2 unmittelbar bei der Nachbargemeinde Bühne abstürzten.

Der Verrat des italienischen Verbündeten erregte in der Bevölkerung Borgentreichs heftigen Unwillen. Die Zuversicht an dem Deutschen Endsieg erlitt aber keine Einbuße. Das Kriegsjahr 1943 war schwer. Die Rückschläge an der Ostfront wurden als Prüfungen gewertet, die das gesamte Volk in seiner Härte noch entschlossener und opferfreudiger machten.“

 

1944 „war das Jahr schwerster Terror Gewaltangriffe der englisch-amerikanischen Luftflotte. Tag und Nacht überflogen Hunderte ja Tausende von Flugzeugen unsere Stadt und das Stadtgebiet, um die Kriegsindustrie in den großen Städten, besonders in unserm Industriegebiet zwischen Düsseldorf und Hamm zu treffen. Mit banger Sorge gedachten Einwohner ihrer Söhne in der Front. Immer mehr Todesmeldungen liefen ein. Immer neue Jahrgänge wurden an die Front berufen. Gefangene Serben und Polen aus unseren Gefangenenlager füllten die Arbeitsplätze aus.

Am 6. Mai 1944 nachts 12 Uhr landeten englische und amerikanische Truppen bei Caen an der Nordwestküste Frankreichs (Invasion). Unsere Truppen, auch viele Borgentreicher, hatten einen schweren Stand, schlugen sich tapfer. Im Osten drängte der Russe unsere Truppen mehr und mehr zurück. Doch hatte man noch nicht ganz den Glauben an eine Wendung des Schicksals verloren. Unentwegt tat das Volk seine Pflicht in Haus u. Stall, in Garten, Wiese und Feld, in Arbeit wie im Geben. Auch in diesem Jahre trat massenhaft der Kartoffelkäfer in Gärten und Feldern auf. An der Bekämpfung beteiligte sich vor allem die Schuljugend. Als Suchkolonnen zogen die Klassen unter Führung ihrer Lehrpersonen hinaus, um die Schädlinge von Kartoffeln und Tomaten samt ihren gefräßigen Larven abzulesen. Der Käfer hat den Kartoffeln keinen nennenswerten Schaden getan. Dagegen hat der Rapskäfer ganze Ölfelder vernichtet.

Im November 1944 erlebten wir den ersten Großangriff auf Paderborn. Im Winter 1944 hatte unsere Volksschule 351 Kinder. Diese sammelten den ganzen Sommer Tee- und Heilkräuter zum Nutzen der kranken und verwundten Soldaten. Der Unterricht mußte bei Luftgefahr häufig unterbrochen werden.“

 

1945: „Dieses Jahr war das schicksalsschwerste seit Menschengedenken. Die Kämpfe im Westen wie im Osten nahmen an Ausmaß wie an Heftigkeit immer mehr zu. Das englisch-amerikanische Heer drang durch Frankreich, Belgien, Holland, Luxemburg, durch die Vogesen in die Rheinprovinz, überrannte den Westwall und stand im März 1945 in Westfalen. Bei einer Kälte von 16 - 20° unter Null mußten die armen Schlesier in Frist v. 1 - 2 Stunden am 16. Jan. fluchtartig ihre Heimat verlassen, die Heimat, die sie sich mit Fleiß und Schweiß inlangen Jahren erobert hatten. Auch viele Siedler aus Borgentreich waren darunter.

Paderb. hatte seine schlimmsten Terrorangriffe am 17. Jan. , 16. Febr., 16., 22. und 27. März 1945. Die ganze Innenstadt mit Tausenden von Toten lag in Trümmern. Bgtr. hat das tragische Schicksal Paderborns in einer Entfernung von 50 km schweren Herzens miterlebt. Nie waren die Tiefflieger so an ihrer Arbeit wie in den ersten 3 Monaten von 1945. Am 1. April, dem ersten Ostertage, nach der Auferstehungsfeier fielen die üblichen Warnungsschüsse der Amerikaner. Diese wurden von den hier zerstreuten deutschen Soldaten erwidert. Damit war das Schicksal Borgtrs. entschieden. Ein mörderisches Phosphorfeuer lag 2 Std. lang auf unserer lieben Heimatstadt. Wie ein Hagelwetter prasselten Artillerie u. Maschinengewehr-Geschosse in die Straßen und Gassen, in Mauern und Wände, Türen und Fenster. Die Bürger in ihrer Angst krochen in die Keller und beteten.

In 10 Minuten standen die Häuser lichterloh in Flammen, weil der Phosphor über den ganzen Balken aussprühte u. all zu rasch Boden, Bühnen, Zimmer oben u. unten samt Keller ergriff. Wegen des Beschusses konnte sich niemand auf die Straße wagen, um zu helfen. Wohl glückte es vielen Leuten noch, ihr Vieh loszubinden und gehen zu heißen. Das irrte herrenlos heulend und brüllend in bitterkalten Nächten in der Wildnis umher. Andern war die Befreiung der Tiere nicht mehr möglich, da ihr Haus rings v. Feuer umgeben war. So mußten 500 Stück Großvieh (Pferde, Kühe, Schafe, Schweine) ersticken, bzw. leider verbrennen und 9/10 des Geflügels. Ein Wirrwarr sondergleichen wälzte sich durch die Straßen, Aufregung und Erbitterung. Als das Maß des Unglücks voll war, ging in der Oberstadt ein deutscher Mann mit einem polnischen Offizier zum Amerik. am Lehmberge, ein andrer p. Offizier zur Truppe am Maschberge und baten um Schonung für die Stadt. Sie wurde gewährt und sogleich das Feuer eingestellt. Zum Glück waren nur 2 Menschenleben zu beklagen.

Amerik. Truppen hielten Bgtr. besetzt, bis sie im Juni von den Engländern abgelöst wurden. Von allem, was das Volk erlebt hatte, war es so aufgebracht, daß es sich tätlich an einem Beamten des Amtes vergriff, der durch Schuß eines Amerik. getötet wurde. 113 Wohnhäuser wurden zerstört. In den Sommer- und Herbstmonaten setzte ein starkes Sterben aller Kranken, alten, schwächlichen Leute ein, es starben 1945 einschl. der gef. Soldaten 53, drei- bis viermal soviel als in normalen Jahren.“

 

1946: „Nach dem Einmarsch der Siegermächte wurde das deutsche Volk entwaffnet. Das reizte unmoralische Menschen zu Freveltaten. Fußgänger, Radfahrer, autos, Fuhrwerke überfallen wurden sebst bei hellen Tage und oft bis auf die Haut ausgeplündert. Am liebsten waren den Plünderern Gold- u. Silbersachen, Uhren, Ringe u. Fahrräder. Unter den nächtlichen Räubereien hatten besonders die eizelnliegenden Gehöfte zu leiden, denen sie selbst das Vieh abschlachteten oder von der Weide wegführten. Bei einem solchen Überfall am 9. März 1946 nachts 12 Uhr auf der Ziegelei Hermann Stamm am Lohfelder Wege blieb der jüngste Sohn des Hauses Franz Stamm, der aus Schlesien vertrieben war und in seinem Elternhause Zuflucht gefunden hatte, erschossen im Schnee liegen. Keiner von den gemeldeten Fällen ist aufgeklärt und bestraft. Das Stehlen in u. außerhalb der Häuserhält auch heute noch an. (3.2.47.)“

 

1947: „Im April ist auf den Bauplätzen wieder reges Leben. Es gilt, die Wirtschaftsgebäude fertig zu stellen u. angemessene Wohnungen zu bauen.“

1948: Währungsreform. „Die gesamten Reichsmarkbeträge auf den Kassenkonten wurde auf 10 : 1 abgewertet. Jeder Staatsbürger erhielt einmalig einen Betrag von 40,- Deutsche Mark (DM) in bar ausgezahlt. Es war jetzt wieder möglich, auch wieder für Geld in den Läden alles zu kaufen. Der Tauschhandel war mit einem Schlage ausgestorben.“

 

1949: Wiederaufbau des im Krieg zerstörten Feuerwehrgerätehauses.

 

1955: Behelfsmäßiger Wiederaufbau der 1945 zerstörten Badeanstalt.

 

1954: Borgentreich wird Garnisonsstadt - Baubeginn der Kasernenanlage bei Gut Aldorpsen.

 

1955: Soldatensiedlung in Rekordzeit.: „Im Februar dieses Jahres wird bei einer Kälte von 20 Grad mit dem Bau der englischen Wohnsiedlung begonnen. Über den Ausschachtungen werden Zelte aufgeschlagen und Koksfeuer bringen etwas Erwärmung. Die Bauten müssen hochgebracht werden und mehrere 100 Bauarbeiter sind Tag und Nacht beschäftigt. Diese Bauten sind im Juni zum Bezug fertiggestellt.“

 

1958: Das Freibad erhält ein neues Becken und erfreut sich großer Beliebtheit. „Die größte Tagesbesucherzahl belief sich auf 700 Personen in diesem Jahr.“

 

1959: Wasserknappheit. „Die Trockenheit zwingt dazu, in allen Haushaltungen Wasserzähler einzubauen. Der Verbrauch an Wasser wird ab Jahresmitte nach dem tatsächlichen Verbrauch verrechnet.“

 

1961: Der Kindergarten- und Schwesternhausneubau ist fertig.

 

1964: In der neuen Siedlung an der Eissener Straße entstehen die ersten Häuser.

 

1966: Die neue Realschule und Volksschule mit Turnhalle im Emmerkerbruch werden in Betrieb genommen.

 

1967: Die neue Kläranlage am „Kälberkamp“ nimmt ihren Betrieb auf.

 

1968: Einführung der öffentlichen Müllabfuhr.

 

1969: Die Feuerwehr bezieht ihr neues Gerätehaus.

 

1970: Die in 1955/56 gebaute Wohnsiedlung für englische Soldaten wird von der Bundesregierung übernommen und mit deutschen Soldatenfamilien belegt.

 

1971: Der Sportplatz am Schulgelände bis zur Natzungerstraße wird erneuert. Es wird ein „Tennenplatz“ (Aschenplatz) mit einem Kostenaufwand von 410 000,- DM gebaut.

 

1972: Im neuen Gewerbegebiet „Keggenriede“ siedeln sich die ersten Betriebe an.

 

1973: Die neue Friedhofskapelle – Leichenhalle – ist in Eigenleistung von Bürgern der Stadt fertiggestellt. „Das Mutterhaus der Schwestern vom hl. Vinzenz kündigt die Trägerschaft des Kindergartens und zieht aus Personalgründen die Schwestern, die den Kindergarten leiteten und dazu eine Krankenpflege betrieben, nach über 100 Jahren segensreichen Wirkens in Borgentreich zurück. Ab 01.07.73 übernimmt die Stadt die Trägerschaft des Kindergartens.“

 

1974: Gründung des Tennisclubs.

„Der seit 1969 im Gebäude der alten Volksschule Steinweg ansässige Betrieb – Näherei für Damenmäntel – der Firma Burscheid und Scheuer wird auf Grund der schlechteren Konjunkturlage aufgegeben. Etwa 25 bis 30 Frauen aus Borgentreich und Umgebung haben damit einen Erwerb bzw. Zuerwerb für die Familien verloren.“

 

1975: Am 1. Januar tritt die Kommunale Neuordnung in Kraft. „Stadt Borgentreich, Stadt Borgholz, die Gemeinden Bühne, Drankhausen, Großeneder, Körbecke, Lütgeneder, Manrode, Muddenhagen, Natingen, Natzungen und Rösebeck bilden die neue Stadt Borgentreich. Der Zusammenschluss umfasst alle früheren Gemeinden des Amtes Borgentreich mit Ausnahme der Gemeinde Daseburg, die der Stadt Warburg zugeordnet wird. Auch wird der Kreis Warburg aufgelöst und mit dem Kreis Höxter als neuer Kreis Höxter vereinigt. Vorherige Verhandlungen auf Kreisebene zur Bildung eines Großkreises Paderborn scheiterten.“ Bernhard Temme, Borgholz, wird zum Bürgermeister der neuen Stadt Borgentreich gewählt, Karl Heinz Hutzler zum Stadtdirektor, er wird am 1.1.76 in das Amt eingeführt.

 

1976: Nach dem frühen Tod Berhard Temmes mit nur 57 Jahren wird Meinolf Michels aus Großeneder zum neuen Bürgermeister gewählt.

 

1977: „Der Rat der Stadt beschloss, zur Förderung der Zusammengehörigkeit aller Stadtteile als eine Stadt Borgentreich, erstmalig ein Stadtfest in Borgentreich zu veranstalten.“ „Am 28.6.1977 wurde zwischen der Stadt Trendelburg und der Stadt Borgentreich ein Wasserlieferungsvertrag auf 33 Jahre mit täglich bis 1000 m³ Wasser abgeschlossen. Damit war sichergestellt, dass für einen Großteil der Stadt Borgentreich eine Versorgung in ausreichender Menge und guter Qualität geliefert werden konnte.“ Mit Blick auf die geplante Ortsumgehung der B 241 beginnt für Borgentreich nach 117 Jahren wieder ein Flurbereinigungsverfahren.

 

1978: Über eine 18 Kilometer lange Transportleitung fließt das erste Wasser aus Trendelburg in die Bördestadt.

 

1979: Bernhard Willim wird neuer Stadtdirektor. Sein Vorgänger Karl-Heinz Hutzler ist nach knapp dreijähriger Amtszeit ins niederrheinische Schwalmtal gewechselt.

 

1980: „Am 26. Juli kann die neue Schützenhalle der St. Sebastian-Schützenbruderschaft eingeweiht werden. Das diesjährige Schützenfest wird in der neuen Halle gefeiert.“ Am 20. September wird im ehemaligen Rathaus der Bördestadt das erste Orgelmuseum Deutschlands eröffnet. Im Rahmen des Stadtfestes feiert Borgentreich sein 700-jähriges Bestehen.

 

1981: Meinolf Michels zieht in den Deutschen Bundestag ein, seine Nachfolge als Bürgermeister tritt Adolf Gabriel an. Ende des Jahres wird die neue Zweifachsporthalle im Schulzentrum eröffnet. 1983: Die Stadt wird ans Erdgasnetz angeschlossen. Mit Hilfe von Fördermittel zur Strukturverbesserung der Landwirtschaft entstehen in der Gemarkung Borgentreich im Rahmen von landwirtschaftlichen Teilaussiedlungen neun Schweinemastställe mit 300 bis 500 Tieren und ein Kuhstall mit bis 60 Tieren.

 

1984: Die Volksbank eröffnet ihr neues Bankgebäude gegenüber der Kirche.

 

1986: Das französische Rue wird Partnerstadt von Borgentreich.

 

1987: Stadtkernsanierung und Flächenhafte Verkehrsberuhigung sind weitgehend abgeschlossen.

 

1988: Die Umgehungsstraße B 241 wird für den Verkehr freigegeben. Sie ist 9,2 Kilometer lang und hat 23,2 Millionen DM gekostet. Das neue geschaffene Biotop gegenüber dem Freibad ist fertiggestellt. Die Sparkasse eröffnet ihr neues Bankgebäude.

 

1989: Das Kabelfernsehen hält Einzug in die Bördestadt. Gründung einer Jugendmusikschule mit Schulleiter Guido Theiß.

 

1990: Offizielle Bilanz der Stadtkernsanierung: Seit 1978 sind Baumaßnahmen und Flächengestaltungen für gut 7 Millionen DM vorgenommen worden. Der Eigenanteil der Stadt beläuft sich auf etwas mehr als eine Million.

 

1992: Der bisherige Vize Joachim Ohlrogge wird Nachfolger von Stadtdirektor Bernhard Willim, der zur Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Höxter gewechselt ist. Regionalkantor und Organist Jörg Kremer wird nach dem Weggang von Annemarie Haunhorst neuer Leiter des Orgelmuseums. Borgentreich ist als möglicher Standort für eine Sondermülldeponie (WAA) vorgesehen. In der Bevölkerung formiert sich massiver Widerstand, eine Bürgerinitiative gegen die WAA wird gegründet.

 

1993: Die Bundeswehr gibt die Desenberg-Kaserne auf und verlässt Borgentreich. Auch 150 zivile Arbeitsplätze gehen verloren. Die 1954 zunächst für britische Truppen errichtete Kasernenanlage war 1958 von der Luftwaffe übernommen worden.

 

1994: Die Stadt nimmt ihre 1965 erbaut Kläranlage im Mühlental vom Netz. Borgentreich, Körbecke, Rösebeck, Lütgeneder und Großeneder sowie Dössel und Daseburg werden an das Gemeinschaftsklärwerk im Eggetal bei Daseburg angeschlossen. Die Pläne zum Bau einer Wiederaufarbeitungsanlage für Giftmüll in Borgentreich werden vom Land aufgegeben. Der „Verein der Freunde und Förderer der Johann-Patroclus-Möller-Orgel und des Orgelmuseums Borgentreich e.V.“ wird gegründet. Die Grundschule wird um vier Klassenräume und einen Gemeinschaftsraum erweitert. Günter Niggemann aus Manrode wird neuer Bürgermeister. Seinem Vorgänger Adolf Gabriel verleiht der Rat das Ehrenbürgerrecht.

 

1995: Gründung des Borgentreicher Infokanals. 700 Haushalte können zur Premiere das Lokalfernsehen empfangen.

 

1997: Die Koptisch-Orthodoxe Kirche kauft die Desenberg-Kaserne. In den 30 Gebäuden der 11,2 ha großen Anlage sollen eine koptische Schule, ein Internat, Werkstätten für sakrale Gegenstände, ein Museum für koptische Schätze, Gästehäuser und Wohnungen entstehen.

 

1999: Vierlinge für Sonja und Stefan Schindler aus Borgentreich: Am 6. Juli wurden Lea, Mara Anna und Jana im Kasseler Klinikum geboren. Der Sportplatz wird zu einem Kunstrasenplatz mit Leichtathletikanlagen ausgebaut. Bernhard Temme wird erster hauptamtlicher Bürgermeister der Stadt. Das „Steinerne Haus“ wird Sitz der Landschaftsstation Diemel-Weser-Egge. Rund eine Million DM hat die Sanierung des Gebäudes gekostet.

 

2001: Eröffnung des Zentralen Omnibus-Bahnhofs (ZOB) am Steinweg. Eröffnung des neuen Seniorenzentrum der Sanitas-AG. Es umfasst 40 Pflegeplätze und 32 Appartements für betreutes Wohnen und hat 14,5 Millionen DM gekostet.

 

2002: Gründung des Wandervereins. Erster Vorsitzender wird Initiator Bernd Hoischen. Aldi und Jibi siedeln sich mit zwei neuen Verbrauchermärkten in der Orgelstadt an. Die beiden biologischen Stationen im Kreis Höxter (Brakel und Borgentreich) werden zur Landschaftsstation mit Sitz im Steinernen Haus. Aus finanziellen Gründen muss die Stadt ihre 1989 gegründete Musikschule wieder schließen.

 

2005: Die Stadt feiert ihr 725-jähriges Bestehen. Die Springladenorgel mit ihren 3306 Pfeifen abgebaut und in Bautzen für 1,6 Millionen Euro restauriert.

 

2006: Die Kernstadt und zehn Umlandgemeinden werden im “Pastoralverbund Borgentreicher Land“ mit rund 7.800 Katholiken vereint. Für 1,2 Millionen Euro wird die katholische Pfarrkirche renoviert. Während der Bauphase wird der Gottesdienst im ehemaligen Rewe-Markt in der Bogenstraße gefeiert. Das Stadtfest wechselt in die Stadtteile und findet erstmals in Bühne statt. Das Orkantief „Kyrill“ richtet erhebliche Schäden an. Die Bundesstraße 241 wird zwischen Borgentreich und Borgholz auf eine Fahrbahnbreite von sieben Metern verbreitert. Die Baukosten für das 2,5 km lange Teilstück belaufen sich auf ca. zwei Millionen Euro.

 

2009: Der Rat beschließt die Einrichtung einer Verbundschule in der Kernstadt. Damit bilden Real- und Hauptschule zum Schuljahr 2009/2010 eine Einheit, es gibt zukünftig nur noch eine Schulleitung und ein gemeinsames Lehrerkollegium.

 

2010: Borgentreich darf sich Landesmeister in der Solarbundesliga 2010 nennen. Sechs Biomasse-Anlagen, 410 Solaranlagen und 18 Windenergieanlagen sowie der Wasserkraftanlage in Borgholz erzeugen 40.600.958 Kilowattstunden Ökostrom. Nach fünfjähriger Restaurierung kehrt die Orgel in die Pfarrkirche zurück. Die neue Mensa der offenen Ganztagsschule ist fertig. Die Kosten belaufen sich auf rd. 1,2 Millionen Euro.

 

2012: Borgentreich nennt sich nun offiziell „Orgelstadt“. Die Bördelandschule wird aufgrund rückläufiger Schülerzahlen aufgelöst und Borgentreich im nächsten Jahr Teilstandort der Sekundarschule Warburg.

 

2013: Nach fast zweijähriger Planungs- und Bauphase sind die Räumlichkeiten für die U3-Betreuung im Familienforum fertig.

 

2014: Eine Nachbarin fühlt sich vom Lärm der Schützenhalle gestört und klagt vor Gericht. Rainer Rauch löste Bernhard Temme nach 15 Jahren als Bürgermeister ab. Die ehemalige Desenberg-Kaserne wird zentrale Flüchtlingsunterkunft für bis zu 500 Asylbewerber. Mit Maria Müller wird erstmals in der 500-jährigen Historie der St. Sebastian Schützenbruderschaft eine Frau zur Vorsitzenden gewählt.

 

2015: Kein Ende im Lärmstreit um die Schützenhalle. In einer öffentlichkeitswirksamen Aktion unter dem Motto „Diese Halle brauchen wir alle“ mahnen Vertreter der Vereine und beider Kirchen einen fairen Umgang miteinander an. Umbruch in der Evangelischen Kirche: Der Gemeindeverbund Borgentreich-Peckelsheim wird zum 1. August aufgelöst. Die 7.500 evangelischen Christen der Städte Warburg, Willebadessen und Borgentreich bilden nun die „Großgemeinde Altkreis Warburg“. In Borgentreich und benachbarten Kommunen formiert sich der Widerstand gegen die geplante Südlink-Stromtrasse. Bürger wehren sich gegen die „Monster-Trasse“. Die Proteste zeigen Erfolg: Netzbetreiber Tennet entscheidet sich für die deutlich teurere Erdverkabelung. 

 

2016: Nach mehr als drei Jahren wird der Lärmstreit um die Schützenhalle entschieden. Das Verwaltungsgericht Minden weist die Klage einer Anwohnerin zurück. Um die Lärmbelästigung einzudämmen, hat der Verein in bauliche Maßnahmen rund 150.000 Euro investiert.

 

2017: In der ehemaligen Desenberg-Kaserne bring das Land NRW für einige Monate auch bis zu 330 Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive aus dem früheren Jugoslawien und Albanien unter. Der Sicherheitsdienst in der zum Ausreisezentrum umfunktionierten ZUE wird verstärkt. In Borgentreich stößt die Entscheidung der Landesregierung auf Kritik. Nach 40 Jahren ist Schluss! Das Borgentreicher Stadtfest wird in seiner ursprünglichen Form nicht weitergeführt.

 

2018: Das Sturmtief "Friederike" fegt über Deutschland hinweg und richtet im Hochstift verheerende Schäden an. In den Wäldern der Stadt Borgentreich hinterlässt der Wintersturm genau elf Jahre nach dem Orkan "Kyrill" eine Schneise der Verwüstung. Mehr als 100.000 Bäume seien umgestürzt oder abgebrochen, bilanziert Stadtförster Hubertus Wiegard. Das neue Multifunktionsspielfeld im Schulzentrum wird eröffnet. Gründung der Initiative „Bürger für Borgentreich“ (BfB). Durch das Engagement der Helfer spart die Stadt in diesem Jahr bereits 20.000 Euro. 

 

2019: Der Männergesangverein "Arion" löst sich wegen Nachwuchsmangels nach 120 Jahren auf und fusioniert mit dem Frauenchor. Vor allem in Bühne, Manrode und Muddenhagen, aber auch umliegenden Orten formiert sich der Widerstand gegen den Bau von weiteren Windkraftanlagen. Die Bürgerinitiative "Gegenwind - Heimat Hoher Berg" wird gegründet. Das Familienforum wird um eine U-3-Betreuung erweitert. Der Neubau für 30 Kinder kostet rund 1,4 Millionen Euro.

 

2020: Bei der Kommunalwahl büßt die CDU fünf Ratsmandate ein und verliert ihre absolute Mehrheit. Nicolas Aisch (39) aus Eissen wird Nachfolger von Bürgermeister Rainer Rauch (55), der nicht wieder kandidiert. Die Hesena-Gruppe übernimmt das Seniorenzentrum. Karneval und Schützenfest werden wegen der Corona-Pandamie nicht gefeiert.

 

2021: Corona hat in Borgentreich inzwischen 23 Todesopfer gefordert. Im Schulzentrum investiert die Stadt einen zweistelligen Millionenbetrag in Jahrgangshäuser für die Grundschule sowie den Neubau einer Mehrzweckhalle. Auf dem Gelände der ehemaligen Molkerei wird ein Mehrgenerationen-Platz eröffnet.

 

2022: CDU holt kreisweit bestes Ergebnis bei der Landtagswahl, Werner Dürdoth wird Vize-Landrat. Zweifach-Sporthalle im Schulzentrum abgerissen, Neubau einer Mehrzweckhalle beginnt. Neuer Ortsmittelpunkt heißt "Platz der Kulturen".

 

2023: Ratsminderheit lässt eigene Windkraftpläne platzen. Neue Mehrzweckhalle wächst. Giftkäfer und Störsender sorgen für Schlagzeilen. Stadt schafft Wohnraum für Geflüchtete. Grundschule erhält erstes Jahrgangshaus.